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Wer ist eigentlich FRIEDA?

21. Oktober 2016

Frieda durften wir schon im Januar auf der Ethical Fashion Show in Berlin kennenlernen. Frieda, eine beeindruckende Frau mit holländischem Akzent. Stilvoll gekleidet und dennoch merkt man ihr auf den ersten Blick an, dass sie sich von Äußerlichkeiten nicht ablenken lässt.

FRIEDA SAND ist ein fiktiver Charakter, der für beeindruckende und starke Frauen der Vergangenheit und Gegenwart steht. Eine „Femmage“ – inspiriert von zwei Frauen aus dem 19. und 20. Jahrhundert, die wegweisend waren: Frieda Belinfante und George Sand. Starke Frauen, ein Thema, das nicht aktueller sein könnte. Wir wollten gerne mehr erfahren über FRIEDA SAND und haben uns deshalb mit dem Kopf hinter dem Label – natürlich eine Frau – Kirsten Weihe-Keidel getroffen.

glore: Liebe Kirsten, das Label FRIEDA SAND ist ganz frisch am Modemarkt, seit wann gibt es euch?  

Kirsten: FRIEDA SAND gibt es seit Januar 2016. Wir sind mit der Herbst/Winter Kollektion 2016 an den  Start gegangen.

glore: Du bist seit über 20 Jahren in der fairen Modebranche unterwegs, warum hast du jetzt FRIDA SAND gegründet?  

Kirsten: Ich fand, dass es immer noch eine Lücke gab. Entweder ist Sustainable Fashion sehr jung oder aber …. puh wie soll man das ausdrücken …. so, dass man sich gleich älter fühlt. Es gibt auch kaum Styles mit schönen Drucken. Deshalb haben wir uns modische, ästhetisch anmutige Drucke zum Thema gemacht. Wir fanden es spannend, eine kleine feine Kollektion zu machen, die eine bequeme Eleganz hat und diese mit einer klaren Linie verbindet.  Wir wollten den Spagat schaffen, Mode für Frauen zwischen 35 bis 50 zu kreieren. 

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glore: Eine Frage, die du sicher schon oft beantwortet hast, aber wer ist eigentlich FRIEDA? Was steht hinter dem Namen FRIEDA SAND? 

Kirsten: Hinter dem Namen FRIEDA SAND stehen zwei Frauen mit klarem Geist und Überzeugungen, die bewusst in ihrer Zeit und Welt lebten und sie mit ihren Talenten gestalteten. Unsere Frieda kommt aus Holland und wird mit „ie“ geschrieben. Dahinter verbirgt sich Frieda Belinfante. Die begabte Cellistin aus einem musikalischen, jüdischen Elternhaus, war Mitglied des niederländischen Widerstandes im Zweiten Weltkrieg. Sie fälschte Ausweise um Menschen die Flucht zu ermöglichen und musste dann selbst, als Mann getarnt, vor der Gestapo zu Fuß über die Alpen in die Schweiz flüchten. Später lebte sie dann als Dirigentin und Intendantin in Kalifornien. Sie bestand darauf, dass jeder kostenlos zu ihren Konzerten kommen durfte. Sie war eine prominente lesbische Frau, die wusste, was sie erreichen wollte und konnte.

Hinter dem Nachnamen Sand steht George Sand, eine Französin, die bis heute noch bei den Franzosen verehrt wird,  die ein großes Herz für Bohemien haben. George Sand war europaweit bekannt und die bestbezahlte Schriftstellerin ihrer Zeit. Gesellschaftskritisch und feministisch forderte sie eine Gesellschaft ohne Unterschiede zwischen Geschlechtern und Klassen. Auch George Sand trug häufig Männerkleidung, sprach von sich in der männlichen Form und rauchte Zigarren. Sie gilt als eine der ersten französischen Frauenrechtlerinnen. Sie wurde von Heinrich Heine und Dostojewski bewundert. Zu ihren Freunden zählten die Schriftsteller Balzac und Dumas, der Maler Delacroix und der Komponist Liszt. Mit Chopin führte sie eine langjährige Liebesbeziehung.

Es gibt so viele wundervolle Frauen in der Geschichte und ich habe mir wirklich schwer getan eine Entscheidung zu treffen. Letztendlich fiel aber die Entscheidung auf diese beiden Frauen, weil beide einen Bezug zu Kleidung haben. Beide trugen, aus verschiedenen Gründen, Männerkleidung. Zudem funktionieren die Namen in allen Sprachen und harmonieren sehr gut zusammen. Und nicht zuletzt, weil der Name FRIEDA SAND  durchaus auch geeignet wäre, ebenfalls die Herren der Schöpfung einzukleiden, falls wir irgendwann über eine Herrenkollektion nachdenken sollten. 

glore: Ein Label, das für starke Frauen steht. Wie sieht die Geschlechterverteilung bei euch im Team aus?

Kirsten: Unser Team besteht zu 75% aus Frauen und zu 25% aus Männern. Unsere Bürohunde sind 100 % weiblich (Denise, Nelly und Emmi). In unserem Büro In Indien sind wir 50 % Männer und 50% Frauen. 

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glore: Wir sind ganz begeistert von der ersten Kollektion. Was sind deiner Meinung nach die Highlights?

Kirsten: Ich finde es immer schwierig in einer kleinen Kollektion von Highlights zu sprechen. Aber unsere Blusen und Styles mit Drucken sind sehr gut angenommen worden. Unser Gefühl hat sich also bestätigt, es gab tatsächlich Bedarf in diesem Bereich. Auch unser Strick verkauft sich gut. Unsere T-Shirts bestechen durch ihr tolles Preis-Leistungs-Verhältnis.  Unifarbene T-Shirts müssen durch die Stoffqualität eine gewisse Eleganz aufweisen. Mit normalen T-Shirts begibt man sich im Schnäppchen Land Deutschland sofort in den Preiskampf, in den ich gar nicht erst eintauchen möchte. Wir könnten dies spielend machen, aber wollen es eben nicht und es passt auch nicht zu der Aussage, die wir mit dem Label FRIEDA SAND treffen.

glore: Wie schafft es FRIEDA SAND hochwertige Materialien und gute Qualität zu solch einem fairen Preis anzubieten? 

Kirsten: Durch die jahrelange Erfahrung in sustainable sourcing/production. Ich arbeite seit über 20 Jahren in diesem Bereich.  Jahrelange, enge Lieferantenbeziehung, vertikal von Anbau bis zum Endprodukt. Über diesen Projektaufbau und ein partnerschaftliches Arbeiten haben wir bei FRIEDA SAND auch viele Vorteile, die andere kleine Marken so vielleicht nicht haben.  Darüber können wir uns glücklich schätzen.

glore: Ihr produziert unter anderem in China? Viele unserer Kunden reagieren beim Produktionsort China erst mal ablehnend. Wie könnt ihr dort faire Arbeitsbedingungen garantieren? 

Kirsten: Ach herrje, China ist kein Monster. Unserer Garn Lieferant ist GOTS zertifiziert. Das ist absolute Bedingung um den ökologischen Anbau der Baumwolle zu prüfen und vor allem auch ein sauberes Färben der Garne. Die Fabrik, in der wir produzieren, ist WRAP zertifiziert was der Nordamerikanische Standard für SA 8000 ist. Seit 6 Monaten sind wir auch dabei die Fabrik GOTS zertifizieren zu lassen. Ich habe oft Fabriken, die ich als Langzeitpartner sehe, geholfen durch die Zertifizierungen zu gehen. Probleme entstehen dann, wenn die Fabrik nur wenig ökologisch produzierte Stoffe verarbeiten und eine teure Zertifizierung zahlen sollen.

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glore: Du bist viel in den Produktionsländern unterwegs. Wo siehst Du die größte Herausforderung die Textilindustrie umweltfreundlicher zu machen und die Arbeitsbedingungen zu verbessern?

Kirsten: Es gibt überall etwas zu verbessern – auch in Europa. Was viele nicht wissen ist, dass sich das Einkommen in China nicht von dem in Serbien unterscheidet. Wir reden immer von Living Wages, die in Ländern wie Bangladesch oder Indien durchgesetzt werden müssen. Aber selbst in EU-Ländern gibt es großen Nachbesserungsbedarf. Ich will damit nicht sagen, dass wir uns dafür nicht einsetzen, mir geht es nur darum diesen Fakt global zu verstehen. Aber klar, viel zu tun gibt es nach wie vor in Bangladesch, Pakistan, in Teilen von Indien (Indien hat sehr aufgeholt und ist auf einem sehr, sehr guten Weg), Vietnam und Cambodia und nun neu Myanmar nach der Öffnung. Daher haben wir uns jetzt auch entschieden, uns nochmals wieder neu zu engagieren und gehen ein Projekt in Myanmar an. Es wäre sehr, sehr schade wenn dieses sich gerade selbst findende Land, das die zarten Wege einer Demokratie geht sofort mit dem Ausverkauf beginnt. Denn in der Textilbranche hat der Goldrausch dort bereits begonnen. 

glore: Sitzt du schon an der nächsten Kollektion und was dürfen wir für die neue Saison erwarten?

Kirsten: Klar, die Kollektion ist fertig, ich bin seit 1,5 Wochen bei unserem Team in Indien, um Stoffe zu koordinieren, damit die Fotomuster pünktlich Anfang Dezember bei uns sind. Verraten wollen wir noch nichts – Ihr dürft gespannt sein!

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