Fashion Interviews News Subjects that matter

Nuremberg International Human Rights Film Festival

8. Oktober 2015

Nürnberg ist nicht nur glore Heimatstadt, sondern auch Stadt der Menschenrechte. Deshalb wird dort alle 2 Jahre derMenschenrechtspreis verliehen. Der diesjährige Preisträger Amirul Haque Amin ist der Präsident der Gewerkschaft der Textilarbeiter in Bangladesh. Wir freuen uns, dass dieses, nicht nur für uns so wichtige Thema so viel Beachtung findet. Vom 30.09. bis 07.10.15 fand in Nürnberg auch das neunte Nuremberg International Human Rights Film Festival statt, das deshalb den Schwerpunkt Textilproduktion gewählt hat. glore ist seit Jahren Sponsor und unterstützt das Festival mit Fairtrade T-Shirts und Taschen.  Mit viel Bildgewalt zeigten  die dort gezeigten Filme die Schrecken der Textilproduktion in Bangladesh, erklärten die Bedeutung ökologischer Landwirtschaft und berichteten von Menschen, die sich für faire Mode einsetzen.

Wir haben nach den Vorstellungen mit Schülern, Lehrern und Besuchern diskutiert, Reaktionen zugehört und Fragen beantwortet. Es haben sich viele verschiedene Gespräche und Diskussionen ergeben. Die wichtigsten und häufigsten Fragen der Besucher möchten wir natürlich auch euch beantworten.

Wie finde ich heraus, ob meine Kleidung fair produziert wurde?

Als erstes gilt immer der Blick ins Waschetikett – wenn das Kleidungsstück fair hergestellt wurde, hat es eine Zertifizierung und das ist dort vermerkt. Es gibt verschiedene Zertifizierungen, die verschiedene Schwerpunkte gesetzt haben. Der Global Organic Textile Standard, kurz GOTS, beispielsweise legt seinen Fokus auf ökologisch hergestellte Rohstoffe, fordert aber natürlich auch die Einhaltung würdiger Sozialstandards. Die Fair Wear Foundation hingegen hat ihren Schwerpunkt bei den Produktionsbedingungen. Allerdings ist es so, dass verantwortungsvolle Konsumenten und Labels oft auf beides Wert legen und deswegen viele faire Produkte auch aus ökologischen Rohstoffen hergestellt werden. Viele Marken sind deshalb auch von mehreren Organisationen zertifiziert, um eine größere Sicherheit für die Verbraucher darzustellen. Jedoch gibt es auch kleine Labels, die unter fairen Bedingungen produzieren, sich eine Zertifizierung aber noch nicht leisten können. Für Kunden ist es oft schwierig dies festzustellen. Wir von glore legen deshalb besonderen Wert auf den persönlichen Kontakt zu den Labels, die wir vertreiben. Uns ist der persönliche Kontakt mit den Herstellern sehr wichtig, um sicherzustellen, dass es sich um eine faire Produktion handelt.

Man muss jedoch wissen, dass auch in der Modebranche viel Greenwashing betrieben wird. Ihr solltet euch deshalb nur auf Zertifizierungen verlassen, die mit unabhängigen Auditoren und genau formulierten Standards arbeiten.

Ist eine Produktion in Entwicklungsländern grundsätzlich unfair?

Die Grund-Frage der fairen Produktion lautet nicht „Wo wird produziert?“, sondern „Wie wird produziert?“, denn eine faire Produktion ist grundsätzlich in jedem Land möglich. Die oben genannten Zertifizierungen bieten einen Standard, der unabhängig vom Produktionsland eingehalten werden muss. Innerhalb der EU ist solch eine Zertifizierung der Textilfabrik nicht notwendig, da nationale Gesetze und die Gewerkschaften bzw. Betriebsräte vor Ort die Einhaltung von Sozialstandards garantieren. Nichtsdestotrotz müssen auch hier regelmässige Audits der Berufsgenossenschaften oder ähnlichen Organisationen durchgeführt werden. Zudem heisst „Made in the EU“ oder „Made in Germany“ nicht automatisch, dass die ganze Produktion in Deutschland stattgefunden hat. Die Rohstoffe, das Spinnen, Färben etc. kann dennoch unter ausbeuterischen Bedingungen stattgefunden haben. Daher muss weltweit auf ökologische Rohstoffe und faire Arbeitsbedingungen geachtet werden.

Kann ich mir Bio Mode überhaupt leisten?

Bio und Fairtrade Mode gibt es in vielen Preisklassen und auch im konventionellen Bereich ist der Preis kein Indikator für Produktionsbedingungen. In der langen Handelskette unserer Textilien sind Produktions- und Lohnkosten nur einer von vielen Faktoren, die den Endpreis eines Artikels bestimmen. Die höheren Produktionskosten gleichen viele Eco Fashion Labels unter anderem dadurch aus, dass sie an anderen kostenintensiven Faktoren, wie zum Beispiel dem Marketing, sparen. Deshalb ist faire Öko Mode eine Option für jedes Portemonnaie.

Was verdient eine Näherin an einem fair produzierten T-Shirt?

Es ist sehr schwierig eine solche, doch so einfach wirkende Fragen, zu beantworten. Die Fair Wear Foundation setzt sich für die Bezahlung von existenzsichernden Löhnen ein. Wie hoch dieser Lohn ist, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Deshalb fordern sie, dass alle beteiligten Parteien über Löhne verhandeln und sich so auf eine faire Bezahlung einigen. In vielen Ländern ist dies allerdings nicht möglich, da es keine Versammlungsfreiheit gibt und die Stimmen der Arbeiter unterdrückt werden. Die Fair Wear Foundation sammelt deswegen Stimmen verschiedener Gruppen aus den jeweiligen Ländern und Regionen, um zu ermitteln wie hoch der existenzsichernde Lohn sein soll. Sie ziehen beispielsweise Arbeitgeber, Arbeiterverbände und Akademiker zu Rate. Da die Lebenshaltungskosten von Region zu Region unterschiedlich hoch sind, werden auch die fairen Löhne regional anders bemessen.

Deshalb beantworten wir diese Frage anhand eines Beispiels aus einer Studie der Fair Wear Foundation, um euch die Dimensionen zu veranschaulichen. Die Studie „Climbing the Ladder to Living Wages“ bezieht sich hier auf die „Asian Floor Wage Alliance„, eine internationale Zusammenkunft von Gewerkschaften und Arbeitsrecht-Aktivisten, die sich für einen fairen Lohn der Textilarbeiter in Südostasien einsetzen. Dieser beträgt, Stand August 2012, 176.78 € im Monat. Der durchschnittliche, nicht ausreichende Lohn südostasiatischer Textilarbeiter beträgt 70.74€. Wenn man davon ausgeht, dass eine Näherin in einem Monat nur Basic T-Shirts herstellt, dann entspricht der „Asian Floor Wage“ einer Steigerung des Lohns von 0.18€ pro T-Shirt auf 0.45€ pro T-Shirt. Eine Textilarbeiterin müsste also nur 0,27€ mehr pro T-Shirt verdienen, damit sie einen existenzsichernden Lohn erhält. Dieses Beispiel dient allein der Veranschaulichung und ist mit Durchschnitten und Grundwerten errechnet. Allerdings zeigt es doch wie erschreckend wenig wir Verbraucher mehr bezahlen müssten für fair produzierte Kleidung.

Trotz dieser ernüchternden Zahlen freuen wir uns, dass diese Woche über 1400 Schülern, Lehrern und Besuchern des Nuremberg International Film Festival Interesse an fairer Mode und sicheren Produktionsbedingungen gezeigt haben.

Das könnte dir auch gefallen

Keine Kommentare

Hinterlasse eine Antwort