Fashion Subjects that matter

Große Liebe Jeans

4. September 2015

Es ist inzwischen über 140 Jahre her, dass sich der in der Nähe von Bamberg geborene Levi Strauss mit seiner Familie nach Amerika aufmachte, um dem Ruf des Goldes zu folgen. In San Fransisco begann Strauss mit Waren und Stoffen zu handeln, als ihm klar wurde, dass die Goldgräber bei ihrer harten Arbeit in den Mienen, robuste und strapazierfähige Hosen benötigen. Gemeinsam mit dem Schneider Jacob Davis entwickelte er 1853 die erste genietete Denimhose, die rund 17 Jahre später mit der legendären Modellnummer 501 versehen wurde. Zunächst von Goldgräbern, Cowboys, Farmern und Holzfällern getragen, begann die Geschichte der Jeans als Arbeiterhose. Während des zweiten Weltkrieges diente sie dann auch amerikanischen Soldaten als Beinkleid und fand auf diese Weise ihren Weg nach Europa. Inzwischen hat sich die Jeans von der Workpant zum universellen Lieblingskleidungsstück gemausert. Vor allem wir Deutschen kaufen besonders gerne und häufig Jeans, durchschnittlich 8 Paar haben wir im Kleiderschrank hängen. Heute werden jährlich etwa 1,8 Milliarden neue Jeans produziert, über die Hälfte davon in Billiglohnländern wie China oder Bangladesch. Bei all den Mythen von Freiheit, Abenteuern und Authentizität, die um die Blue Jeans ranken, fällt es schwer, sich vor Augen zu führen, dass die konventionelle Jeansproduktion zu den größten sozialen und ökologischen Sünden unserer Zeit gehört.

Die dunkle Seite der Blue Jeans

Die meisten Jeans bestehen überwiegend aus Baumwolle. Die Naturfaser ist mit einem Anteil von über 50% der bedeutendste Textilrohstoff weltweit und die Nachfrage nach Baumwolle steigt stetig. Aus diesem Grund wird versucht die Erträge pro Anbaufläche durch den intensiven Einsatz von Kunstdüngern, Pestiziden und Insektiziden zu steigern. Die Pflanzenschutzmittel werden entweder mit Hilfe von Flugzeugen über die Baumwollplantagen verteilt oder per Hand von den Feldarbeitern selbst versprüht. Dabei fehlt es jedoch meist an professioneller Arbeitskleidung und Atemmasken, sodass die Menschen den Giften schutzlos ausgeliefert sind. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht davon aus, dass jährlich etwa 40.000 Menschen an den Auswirkungen von Pestizid-Vergiftungen sterben (Stand 2014), ein Viertel davon im Baumwollanbau. Weitaus mehr Menschen haben mit gesundheitlichen Folgen wie Atembeschwerden, Krebserkrankungen oder Unfruchtbarkeit zu kämpfen. Häufig kommt es in Gebieten mit hoher Pestizidbelastung auch zur Missbildung Neugeborener. Der Einsatz von Pestiziden hat jedoch nicht nur fatale Konsequenzen für die Menschen, auch Flora und Fauna werden dadurch schwer geschädigt. So weisen die Böden in den Anbauregionen hohe Pestizidrückstände auf, Regenfälle schwemmen den verseuchten Boden in Gewässer, sodass die Gifte über Bäche und Flüsse bis in die Meere gelangen. Der Wind trägt die Pflanzenschutzmittel ebenfalls in umliegende Gewässer, sodass sie auch das Grund- und Trinkwasser verunreinigen.

Bleached, stone washed, sand washed, ice washed – die Zahl an möglichen Jeans-Waschungen ist heute nahezu grenzenlos. Gleichmäßig dunkelblau gefärbte Jeans, sogenannte Dry oder auch Raw Denims, wie es sie unter anderem von Nudie Jeans gibt, sind die ökologischsten Jeans, da der Jeans-Stoff nach dem Einfärben nicht gewaschen oder anderweitig behandelt wird. Im Trend liegen derzeit jedoch auch ausgewaschene Modelle, die gebraucht aussehen – quasi so, als hätte man sie dem Goldgräber zu Levi Strauss Zeiten direkt nach getaner Arbeit ausgezogen. Damit eine zunächst blau gewaschene Jeans diesen speziellen “Used-Look“ erhält, wird sie veredelt. Was erst einmal schön klingt, erweist sich bei genauem Hinsehen als riesige Schweinerei für Mensch und Umwelt. Um die Jeans auf gebraucht zu trimmen, werden gefährliche Chemikalien, wie zum Beispiel das giftige Kaliumpermanganat eingesetzt, das durch die Abwässer häufig in die Umwelt gelangt. Eine andere Methode, um neue Jeans im Nu optisch altern zu lassen, ist das sogenannte Sandstrahlverfahren. Dabei wird der Jeansstoff mit einer speziellen Pistole bearbeitet, aus deren Projektil ein feiner Sandstrahl herausschießt. Der Sandstaub ist so fein, dass er problemlos durch die Luft in die Lungen der Fabrikarbeiter gelangt und dort zu gesundheitlichen Schäden und sogar bis hin zum Tod führen kann. Auf die Behandlung mit dem Sandstrahlgerät folgt die chemische Bleiche. Obwohl es inzwischen umweltfreundliche Verfahren gibt, wird aus Kostengründen noch häufig mit schädlichem Chlor gebleicht. Nach dem Bleichvorgang werden die Jeans von Hand geschmirgelt und stellenweise aufgerissen.Von Primark bis G-Star – fast alle konventionellen Hersteller lassen ihre Jeans in Billiglohnländern wie Bangladesch oder Pakistan herstellen, da es hier nur äußerst geringe Umweltschutz-Auflagen gibt, die beispielsweise das Filtern von Abwasser und Abluft regeln.

Es geht auch anders – Alternative Öko-Jeans!

Zum Glück beweisen inzwischen einige Modehersteller, dass Jeansproduktion auch anders funktioniert! So werden beispielsweise die Modelle von Nudie Jeans oder Armedangels, statt aus konventioneller Baumwolle, aus Bio-Baumwolle hergestellt. Der Anbau konventioneller Baumwolle erfolgt in Monokulturen. Ausgelaugte Böden, Erosion sowie ein erhöhter Düngemittel- und Pestizidverbrauch sind die Folgen dieses einseitigen Anbaus. Im Unterschied dazu verpflichten sich Bio-Bauern, beim Baumwoll-Anbau einen sogenannten Fruchtwechsel einzuhalten. Durch die Diversität wird nicht nur dem Auslaugen der Böden vorgebeugt, sondern auch die Anzahl der Schädlinge und Krankheiten auf natürliche Art und Weise reguliert. Der Einsatz von chemischen Pestiziden, Herbiziden oder Düngemitteln ist beim Bio-Baumwollanbau untersagt, stattdessen setzt man auf Altbewährtes: Kompost und Mist – das schont Mensch und Umwelt. Geerntet wird die Bio-Baumwolle mit der Hand. Chemische Entlaubungsmittel, die im konventionellen Anbau eingesetzt werden, um den Erntemaschinen die Arbeit zu erleichtern, sind im Bio-Baumwollanbau ebenso verboten wie der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen.

Im Bereich der Veredelung bieten Technologien wie das Bleichen mittels Ozon oder Laser eine gute ökologische Alternative zur umweltschädlichen Chlorbleiche und dem gesundheitsgefährdenden Sandstrahlverfahren. So stehen die Öko-Jeans den Konventionellen in puncto Design in nichts nach. Auch das Kölner Label Armedangels setzt bei seiner neuen Jeans-Kollektion auf eine chlorfreie Waschung nach dem GOTS-Standard.

Dass auch die sozialen Standards bei der Herstellung von nachhaltigen Jeans eingehalten werden, garantieren Siegel wie das der Fair Wear Foundation zu deren Mitgliedern unter anderem die Labels Kuyichi oderArmedangels zählen. Alle Mitglieder der FWF verpflichten sich dazu, menschenwürdige Produktionsbedingungen einzuhalten.

In den 70ern sang David Dundas: „When I wake up in the mornin’ light I pull on my jeans and I feel all right“ und landete mit dem Song „Jeans on“ einen Hit. Die Jeans ist mehr als eine Hose, sie ist ein Lebensgefühl und in all ihren Formen und Farben unser treuester Begleiter im Alltag. Sie steht für Rebellion, Freiheit, Coolness und so vieles mehr. Wir lieben Jeans. Doch weder die Menschen, die sie machen, noch unsere Umwelt, sollten unter dieser Liebe leiden. Darum sagen wir: Es lebe die Öko-Jeans!

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