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Fragen über Fragen: Im Interview mit Glimpse

18. März 2016

Gerade ist die neue GLIMPSE Kollektion bei uns eingetroffen und wir sind ganz entzückt von den frischen Styles des Stuttgarter Labels. Besonders das Flatterkleidchen „Dress Chamapgner“ aus luftig leichtem Lyocell hat es uns angetan und steigert die Vorfreude auf den Sommer. Doch GLIMPSE hat mehr zu bieten als schöne Mode. Das Label sieht sich auch als Menschenrechtsorganisation mit einer klaren Mission: Jungen Frauen, die zur Prostitution gezwungen wurden, in der GLIMPSE-Werkstatt eine faire und langfristige Beschäftigung zu bieten. Wir haben die Gründerinnen Nathalie Schaller und Teresa Göppel zu ihrem Konzept befragt.

glore: Wer seid ihr, was macht ihr und wie seid ihr zur Mode gekommen?

Nathalie & Teresa: Das humanitäre Modelabel GLIMPSE wurde von den drei Gründern Teresa Göppel, Nathalie Schaller und Simon Schaller ins Leben gerufen. Wir wollen Mode machen, die nicht nur schön aussieht, sondern auch die Welt ein bisschen besser macht. 

GLIMPSE betreibt daher seit Anfang 2013 in Zusammenarbeit mit der indischen Organisation Chaiim Foundation eine Nähwerkstatt in Mumbai, Indien. Hier bekommen Frauen, die aus der Zwangsprostitution befreit werden konnten, eine neue Perspektive. Neben einer Ausbildung zur Schneiderin und fairen Arbeitsplätzen bekommen die Frauen auch Mathematik- und Englischunterricht und können so einen Schulabschluss nachholen. 

Auf die Idee dazu sind wir bei einem sozialen Einsatz mit einer internationalen Organisation gekommen, bei dem wir Schutzhäuser für ehemalige Zwangsprostituierte besucht haben. Danach wollten wir unbedingt Ausbildungs- und Arbeitsplätze für solche Frauen schaffen. Und da Teresa Modedesignerin ist, lag die Gründung eines Modelabels auf der Hand.

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glore: Wofür genau steht der Name GLIMPSE und was ist eure Mission?

N & T: GLIMPSE ist Englisch und beschreibt einen kleinen Teil, einen kleinen Schimmer von etwas Größerem. Wir wollen mit unserem Unternehmen einen kleinen Teil dazu beitragen, dass diese traumatisierten Frauen einen neuen Weg in ihrem Leben einschlagen können und dass dieser Hoffnungsschimmer – eben der GLIMPSE of Hope – nicht erlischt.

glore: Auf ihrer Homepage beschreibt ihr die Arbeit mit den traumatisierten Frauen als sehr betreuungsintensiv. Mit wie vielen Frauen arbeitet ihr derzeit zusammen? 

N & T: Wir arbeiten derzeit mit 15 Frauen, die aus der Zwangsprostitution kommen. Betreut werden die Frauen von Nählehrern, einer Mathe- und Englischlehrerin, einer Sozialarbeiterin, einer Köchin und natürlich von der Werkstattleiterin Ramona, die für die Frauen wie eine Mama ist.

glore: Ihr bietet den jungen Frauen einen sicheren Arbeitsplatz. Wie helft ihr ihnen darüber hinaus ihr Leben selbständig zu meistern?

N & T: Die Frauen bekommen neben der Schneiderausbildung auch eine grundlegende Schulbildung. Zusätzlich bekommen die Frauen psychologische Betreuung und Hilfestellung bei alltäglichen Problemen. Da die Frauen meist ihre gesamte Jugend in Bordellen verbracht haben, müssen sie sehr viele alltägliche Dinge erst lernen: Kochen, Geld verwalten, sich angemessen anziehen usw.

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glore: Mit welcher Partnerorganisation arbeitet ihr zusammen und wie oft reist ihr selbst nach Indien?

Wir arbeiten mit der indischen NRO Chaiim Foundation zusammen und besuchen das Projekt ein bis zweimal im Jahr selbst. Außerdem haben wir regelmäßig ehrenamtliche Schneiderfachkräfte und Praktikanten für ein paar Monate vor Ort, die das indische Team unterstützen und beim Anleiten der Frauen helfen.

glore: Wofür stehen die Blumensymbole in euren Kleidungsstücken?

N & T: Jede Frau, die zur Ausbildung in unsere Werkstatt kommt, erhält einen Stempel mit einer individuellen Blume. Mit diesem Stempel verewigen sich die Frauen in den Kleidungsstücken, an denen sie mitgewirkt haben. Das nennen wir den „Imprint“. 

Auf der Homepage von GLIMPSE kann der Käufer dann die Blumen-Symbole wiederfinden und hier mehr über seine Produzentinnen und ihre Lebensgeschichten erfahren. Ein wichtiger Einblick für den Käufer und eine große Wertschätzung für die Frauen.

Wir haben uns für Blumensymbole entschieden, da uns in Indien oft florale Muster begegnen und uns die Frauen selbst auch an zarte Pflänzchen erinnern, die unter Liebe und Fürsorge aufblühen und sich ganz individuell entwickeln.

glore: Was zeichnet den Stil von GLIMPSE aus und welche Idee steckt hinter eurer Herbst/Winter Kollektion 2016/2017?

N & T: Unsere Mode besticht durch ihre schlichten Schnitte, die aber raffinierte und markenbesondere Details aufweisen. Wir wollen die Grundschnitte einfach halten, damit die Frauen in unserer Werkstatt auch schon ohne viele Nähkenntnisse in den Produktionsprozess mit einsteigen können.

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Unsere Frauenlinie ist bewusst weiblich gehalten und jede Kollektion enthält mehrere Kleider, sowie Röcke und Blusen. Die Farbigkeit ist wie auch im Winter 16/17 von unseren Aufenthalten in Indien beeinflusst, curry-orange, masala-rot, …

Im Winter 16/17 haben wir neben Baumwolle auch Lyocell verarbeitet, was der Kollektion ein besonderen Chic verleiht. Die Mode von GIimpse kann man unter schlichter, aber schicker Streetwear einordnen.

glore: Welche Ziele und Visionen habt ihr? Wo soll die Reise mit GLIMPSE weiter hingehen?

N & T: Wir wollen mit mit GLIMPSE weiter wachsen – als Modelabel und als Menschenrechtsorganisation. Und wir wollen einen ganz klaren Unterschied machen in der von Ausbeutung geprägten Modeindustrie und zeigen, dass es auch anders geht!

Liebe Nathalie, liebe Teresa, wir danken euch für die aufschlussreichen Antworten. Wir finden: Das Konzept von GLIMPSE hat nicht nur Hand und Fuß, sondern vor allem Herz und wünschen dem Label daher weiterhin viel Erfolg auf seiner Mission.

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