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Am großen Tisch beim Textilbündnis

24. Mai 2017

Bei einem Familienfest treffen meist viele unterschiedliche Charaktere an einem Tisch aufeinander. Da gibt es die Tante Trude, die einem immer in die Backe kneift und man froh ist, dass man sie nur einmal im Jahr sieht; vom Onkel Otto die Frau, die immer so viel Parfüm auflegt, dass man schon, ohne sie gesehen zu haben weiß, dass sie bereits da ist; Florian, der Lieblingscousin, der die tollsten Witze erzählt und einfach ein richtig klasse Kerl ist; und natürlich die Oma Elsa, die noch immer ein Bonbon dabei hat und einen 5€ Schein aus ihrer Handtasche zieht mit dem Kommentar „Kaufst dir ein Eis davon!“. – Ein großer Tisch mit vielen verschiedenen Personen in verschiedenen Altersschichten und mit ganz unterschiedlichen Ansichten – Genauso sieht es auch beim „Bündnis für nachhaltige Textilien“ aus, wenn alle Mitglieder aufeinandertreffen.

 

Eine bunte Mischung

Das Bündnis existiert bereits seit 2014, doch wirklich präsent in den Köpfen der gesamten Bevölkerung ist es nicht. Als eines der ersten Mitglieder des Bündnisses möchten wir das ändern. Der Tisch des „Bündnisses für nachhaltige Textilien“ setzt sich aus Vertretern der Wirtschaft, der Gewerkschaften, der Bundesregierung und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) sowie den Standardorganisationen zusammen. Gemeinsam als eine Multi-Stakeholder-Initiative setzen sie sich dafür ein, dass die gesamte Textilbranche nachhaltiger wird. Ausschlag hierfür war das große Rana-Plaza-Unglück 2013 in Bangladesh, bei dem über 3.500 Menschen ums Leben gekommen sind oder verletzt wurden, als die Textilfabrik eingestürzt ist.

Gerade aus der Wirtschaft treffen die unterschiedlichsten Unternehmen aufeinander, die natürlich sehr differenzierte Ausgangssituationen und Zukunftsaussichten haben. Von Discountern, die Kleidung als Aktionsware verkaufen, über Fast Fashion Unternehmensketten und hochpreisige Luxusmodelabels bis hin zu Green Fashion Marken und Händlern repräsentieren die Mitglieder das breite Spektrum des deutschen Textilmarktes. Das hier nicht immer sofort Einigkeit herrscht und teilweise verbitterte Ansichten bestehen, kann sich sicher jeder denken, der schon mal an einem ganz normalen Familientreffen teilgenommen hat.

 

Wofür setzt sich das „Bündnis für nachhaltige Textilien“ ein?

In der Textilbranche gibt es drei große Themenbereiche, mit denen sich jede Anspruchsgruppe auseinander setzen muss: Naturfasern, Sozialstandards und existenzsichernde Löhne sowie das Chemikalien- und Umweltmanagement, für dessen Verbesserung der Bedingungen sich das Bündnis einsetzt. In Arbeitsgruppen und Expertengruppen werden die Ausgangssituationen und zukünftigen Veränderungen diskutiert.

Im Bereich der Naturfasern werden die gesamten Prozessschritte vom Faseranbau und auch der Tierhaltung betrachtet. Die Produktionsweise soll ressourceneffizient und umweltschonend zugleich sein. Außerdem soll die nachhaltige Produktion ökonomisch tragfähig sein und ethische Geschäftsbeziehungen gefördert werden.

Speziell in der Textilproduktion herrschen schlechte Arbeitsbedingungen. Das Bündnis setzt sich dafür ein, dass die Sozialstandards verbessert werden und existenzsichernde Löhne als Standard festgelegt werden. Hierbei soll ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess für alle Menschen, die an der textilen Lieferkette beteiligt sind, entstehen. Dazu zählen auch das Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit sowie die Einhaltung von Arbeitszeiten. Die allgemeinen Arbeitsbedingungen sollen nachhaltig verbessert werden, indem die gesundheitlichen Voraussetzungen sowie die Arbeitsplatzsicherheit angepasst werden.

Im Bereich des Chemikalien- und Umweltmanagements sollen der Einsatz von zu vermeidenden Substanzen im Produktionsprozess schrittweise reduziert werden. Gerade in den Nassprozessen werden bei der Färbung der Textilien viele chemische Zusatzstoffe verwendet. Diese Substanzen bleiben nicht nur in der Kleidung zurück sondern gelangen über das Abwasser in den gesamten Wasserkreislauf.

 

Was hat das Bündnis bereits bewirkt?

Der ursprüngliche Aktionsplan des Bündnisses mit festen Zeitzielen in der Anpassung und Verbesserung der textilen Lieferkette wurde überholt. Durch den zweiten aktualisierten Aktionsplan haben auch kleinere Unternehmen die Möglichkeit an einer Mitgliedschaft. Jedoch sind die Zielsetzungen seitdem frei wählbar. Dieses Jahr wurde erstmals eine Baseline und Roadmap von jedem Mitglied gefordert. Hier wird der aktuelle Stand festgehalten und die Ziele für das kommende Jahr festgelegt, damit ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess dokumentiert werden kann.

Doch es gibt bis jetzt auch kleine, erste Erfolge, die durch die Arbeit des Bündnisses bewirkt werden konnten. Das „Bündnis für nachhaltige Textilien“ war konkret daran beteiligt, dass 2016 das erste Mal ein deutscher Discounter verurteilt wurde, der in Fabriken im Ausland unter sehr schlechten Bedingungen produzieren lässt. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden alle Klagen abgelehnt und die Unternehmen sind ohne Schadenszahlungen davon gekommen. Zumindest ein sehr kleiner Teil der betroffenen Menschen hat dadurch etwas Gerechtigkeit erfahren dürfen.

 

Wie sieht die Zukunft des Textilbündnisses aus?

Bis zum heutigen Zeitpunkt hat sich leider nur sehr wenig konkret verändert. Es haben viele Gespräche stattgefunden, doch ist es häufig bei der Theorie geblieben. Es ist abzuwarten, wie sich jedes Unternehmen seine eigenen Ziele gesteckt hat und wie diese umgesetzt werden. Das Bündnis ist eine sehr gute Grundlage, um ein Umdenken bei den Unternehmen in der Textilbrache anzustoßen. Wie die tatsächlichen Handlungen aussehen werden, wird die Zukunft zeigen. Wir hoffen sehr, dass es nicht bei vielen leeren Worten bleiben wird und besonders bei den Arbeitern im Anbau und der Produktion Verbesserungen sichtbar werden.

Wenn die Mitglieder des Bündnisses nach einem langen Tag den großen Tisch verlassen, wurde viel diskutiert, sich ausgetauscht und dennoch ist vieles ungeklärt. Wie es eben so ist, wenn die ganze Familie zusammenkommt und sich jeder von der besten Seite zeigen möchte, dann werden die problembelasteten Themen schön geredet und die Welt oberflächlich, wie in eine Wolke gebettet, betrachtet.

Große Tische mit vielen Meinungen sind die Grundlage, um gemeinsame Lösungen zu finden, deshalb nehmen wir als glore auch einen Platz ein. Dennoch sollte jeder einmal vom Esstisch aufstehen, um einen Platz im politischen Plenum einnehmen zu können und Lösungen zu finden, die der Textilbranche nachhaltig helfen. Mit unkonkreten, selbst festgesteckten Zielen und Rahmenbedingungen, die die „Schlechten“ gar nicht so schlecht dastehen lassen, können wir nicht umgehen. Der Ansatz des Bündnisses ist richtig und wichtig, deshalb hoffen wir, dass sich in in den nächsten zwei Jahren etwas bewegt. Es ist abzuwarten, wie sich die erste Roadmap auf die unternehmerischen Handlungen und damit die gesamte Textilbranche auswirken wird.

„Be green in any color you like“ – Wir haben uns für grünes glore Pink entschieden… Mal sehen, welche Unternehmen sich uns anschließen und immer grüner werden.

-Tina Bächle-

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