Unterwäsche aus Bio-Baumwolle?! Viele von euch denken jetzt sicher an naturweiße Liebestöter. Alles nur Vorurteile genau wie andere Klischees in Bezug auf Eco Fashion, die uns immer wieder begegnen. Denn auch bei Unterwäsche hat sich in den letzten Jahren einiges getan! Unterwäsche-Labels wie VATTER zeigen, dass „bio“ und „sexy“ ganz und gar kein Widerspruch sind. Im Interview mit glore räumt Tom von VATTER mit Vorurteilen und interessanten Theorien auf und erzählt uns von den Herausforderungen in der Unterwäscheproduktion.
glore: Tom oder besser Herr Vatter wie kam es zu VATTER?
Tom: Gerne Tom. Die Idee zu VATTER wurde aus der Not heraus geboren: Aus Mangel an qualitativ hochwertigen und nachhaltig hergestellten Unterhosen auf dem Wäschemarkt, haben wir irgendwann entschieden es einfach selbst zu machen.
glore: Bist Du Unterhosen-Fetischist?
Tom: Fetischist wäre jetzt vielleicht etwas übertrieben, aber ich halte es schon für wichtig, was untendrunter getragen wird. Sonst wäre ich wahrscheinlich auch nicht auf die Idee gekommen, selbst ein Unterwäsche-Label zu gründen. Leider trifft man aber doch noch relativ häufig auf die Meinung, Unterhosen seien ein unwichtiges Kleidungsstück, denn schließlich sieht man sie ja nicht. Da bin ich anderer Meinung, denn gerade was Schadstoffe angeht, sind Unterhosen das kritischste Kleidungsstück. Schließlich trägt man sie täglich direkt auf der Haut und es gibt sogar Studien, nach denen schwarze (konventionelle) Unterwäsche bei Frauen angeblich zu Unfruchtbarkeit führen kann.
glore: Wie viele Leute seid ihr? Wer steht noch hinter VATTER?
Tom: Momentan sind wir zu dritt: Marcus, Mitbegründer und zweiter Geschäftsführer und Lisa, die hauptsächlich für Marketing und Kommunikation zuständig ist. Ebenfalls haben wir auch immer wechselnde Praktikanten, die uns für einige Monate tatkräftig unterstützen.
glore: Welche Unterhosen-Theorie ist richtig. Lieber eine hässliche Unterhose beim Sex anhaben, dann wird sie schneller ausgezogen oder eine schöne Unterhosen, dann wird der Partner oder die Partnerin stimuliert?
Tom: Interessante Theorien… Ich denke aber, letztere Variante ist zielführender. Klar wird eine hässliche Unterhose tendenziell schneller ausgezogen, aber auch hier zählt der erste Eindruck. Ist die Stimmung erst mal ruiniert, könnte das mit dem Sex schon vorbei sein, bevor es überhaupt richtig losgegangen ist.
glore: Wenn wir schon mal einen Fachmann zum Interview bitten, dann hilf uns bitte weiter. Müssen wir wirklich nach einmal tragen unsere Unterwäsche wechseln? Ökologischer wäre es wir würden sie länger tragen und somit weniger waschen, oder?
Tom: Tja, das kommt wohl ganz auf das persönliche Hygiene-Wohlfühl-Level an… Müssen muss man gar nichts, es bleibt im Endeffekt jedem selbst überlassen, wie man das handhaben mag. Wenn man sich jetzt nur alle 3 Tage wäscht, kann man vielleicht auch die Unterhose mal 3 Tage am Stück tragen. Ob der Partner das dann so toll findet, ist eine andere Frage…Frischgewaschen in die „dreckige“ Unterhose von gestern finde ich, sagen wir mal, „schwierig“. Sicher, ökologischer wäre es weniger zu waschen und länger zu tragen, aber halt auch etwas unhygienisch. Ich hätte da aber einen Kompromiss: Wenn man genug Unterwäsche im Schrank hat, am besten natürlich von VATTER, muss auch nicht jedes Mal gleich gewaschen werden, wenn man die Unterhose wechselt. Erst wenn sich genug angesammelt hat, wird gewaschen. Denn um ökologisch zu waschen, sollte die Maschine voll sein. Halbvolle Ladungen sind zu vermeiden. Dann noch das Eco- Programm bei der Maschine wählen und fertig ist ökologische Wäschekompromiss.
glore: Wie waschen wir unsere Unterwäsche am nachhaltigsten?
Tom: Früher hieß es ja immer, Unterwäsche muss man mit Kochwäsche waschen. Und damals bedeutete Kochwäsche noch 95 Grad. Dies ist aber inzwischen etwas überholt, denn durch die modernen Waschmittel wird es inzwischen auch bei niedrigeren Temperaturen richtig sauber. Daher waschen moderne Waschmaschinen heutzutage im Kochwäsche-Programm auch nur noch mit 60 Grad, denn „richtige“ Kochwäsche mit 95 Grad verbraucht auch sehr viel Energie. Nur wer absolut sicher gehen will und Angst vor Bakterien und Mikroorganismen in der Wäsche hat, muss noch mit 95 Grad waschen. Aber die umweltfreundlichere Alternative sind Hygienereiniger für die Waschmaschine, die Bakterien und Sonstiges auch bei niedrigen Temperaturen abtöten. Auf den Punkt gebracht, empfehlen wir die Wäsche mit 40 Grad Pflegeleicht zu waschen und bei Bedarf mit Hygienereiniger. Somit wird sie sauber und hält länger.
glore: Wie funktioniert eure Produktion? Wer, wie, was … ? Alles fair und bio bei VATTER?
Tom: Unsere Sachen werden in kleinen Familienbetrieben in Griechenland und der Türkei produziert. Dabei fertigen wir ausschließlich nach dem Global Organic Textile Standard (GOTS), also nach höchsten Umwelt- und Sozialkriterien. Sowohl unsere Produzenten, als auch wir selbst sind GOTS-zertifiziert und all unsere Produkte haben die höchste GOTS-Label-Stufe „organic“.
glore: Eure Unterwäsche liegt im höheren Preissegment. Wie kommen eure Preise zustande?
Tom: Die Standard-Antwort wäre jetzt wohl: „Qualität hat ihren Preis“. Und so ist auch wirklich, aber er setzt sich natürlich aus mehreren Faktoren zusammen. Zum einen ist Bio-Baumwolle einfach merkbar teurer als konventionelle. Außerdem achten wir auch sehr darauf, dass die Accessoires, sprich Spitze, Gummibund, usw., eine hohe Qualität haben. Auch unsere Verpackung ist sehr hochwertig und nicht gerade alltäglich, was sich ebenfalls im Preis widerspiegelt. Auf der anderen Seite spielen natürlich auch Stückzahlen eine Rolle. Wir als kleines Start-Up können nicht in Größenordnungen wie etablierte Unterwäsche-Labels produzieren und das hat eben auch Auswirkungen auf den Preis. Und eine GOTS-Zertifizierung bekommt man auch nicht umsonst. Dies alles und noch mehr, macht unsere Unterwäsche, zugegeben, nicht ganz günstig. Aber wir sind absolut überzeugt, dass es das wert ist, wenn man qualitativ hochwertige Wäsche will, die auch noch gut zu Haut und Umwelt ist.
glore: Warum ist es so schwer Bügel-BHs zu produzieren? Und wie findet man bei euren BHs die richtige Größe?
Tom: Tja, BHs sind eine Wissenschaft für sich… Nicht umsonst gibt es Studien, wonach jede 2. Frau die falsche BH-Größe trägt. Im Endeffekt machen zwei Faktoren die (nachhaltige) Produktion von Bügel-BHs schwierig: Erstens, will man auch sie nach GOTS produzieren, ist man bei der Wahl der Materialien relativ eingeschränkt. Und zweitens ist bei Bügel-BHs die ideale Passform noch mal schwieriger zu entwickeln, als bei bügellosen BHs. Bügellose BHs, wie unsere „Fine Frida“ oder „Peppy Paula“, richten sich hauptsächlich nach der Unterbrustweite und weniger nach der Körbchen-Größe. Daher ist unsere XL auch nicht nur für Frauen mit großen Brüsten. Beispielsweise Sportlerinnen haben meist einen breiteren Brustkorb und benötigen einfach ein Modell mit breiterem Umfang.
glore: Was kommt bei VATTER? War im Unterwäsche Bereich nicht sowieso schon alles da? Innovationen und Visionen bei Unterhosen – gibt es das?
Tom: Was wir für die Zukunft noch alles im Köcher haben, ist natürlich streng geheim… Der Innovationsgrad bei Unterhosen ist im Allgemeinen relativ beschränkt, gerade bei den Herren. Bei Frauen gibt es deutlich mehr unterschiedliche Schnitte und auch die Materialien sind wesentlich vielfältiger. Von echter Innovation oder gar Vision kann man aber auch hier selten sprechen. Ich denke die Evolution der Unterhose ist recht weit fortgeschritten und Innovationen sind hauptsächlich noch bei den Materialien möglich.
glore: Wir sind auf die nächsten Kollektionen von VATTER gespannt und bedanken uns für das Interview!
3 Kommentare
Hallo,
schön, dass Vatter bio-faire Unterwäsche. Weiter so!
Was mich allerdings sehr schokiert hat: Warum empfiehlt Tom denjenigen Personen, die „absolut sicher gehen [wollen] und Angst vor Bakterien und Mikroorganismen in der Wäsche [haben]“ eine 95 grad-Wäsche oder „die umweltfreundlichere Alternative: Hygienereiniger für die Waschmaschine, die Bakterien und Sonstiges auch bei niedrigen Temperaturen abtöten“.?
Solche „Hygienereiniger“ sollten meiner Meinung nach gar nicht prodziert werden dürfen. Die töten nämlich auch Bakterien in Kläranlagen ab, die für die Renigung des Abwassers zuständig sind (http://www.n-tv.de/ratgeber/Hygiene-Reiniger-sind-ueberfluessig-article3021341.html). Das ist ganz bestimmt keine „umweltfreundliche Alternative“.
Zumal man vor Bakterien keine Angst hat, sonst hätte man nämlich Angst vor sich selber. Unzählige Bakterien auf unserer Haut und in Darm sorgen für unsere Haut-Gesundheit und Verdauung.
Wer ein-zweimal im Monat mit 60 Grad wäscht, hat keine Probleme mit einer verkeimten Waschmaschine!
Liebe Anna,
vielen Dank für deinen Beitrag. Sechzig Grad sollten auf jeden Fall genügen, das sagt Tom ja auch so. Die 95Grad- und Hygienspüler-Empfehlung ist mit einem Augenzwinkern zu verstehen;)
Liebe Grüße
deine glore Crew
„zweitens ist bei Bügel-BHs die ideale Passform noch mal schwieriger zu entwickeln, als bei bügellosen BHs. Bügellose BHs, wie unsere „Fine Frida“ oder „Peppy Paula“, richten sich hauptsächlich nach der Unterbrustweite und weniger nach der Körbchen-Größe.“
Und genau das ist das Problem. Die allermeisten Öko-Unterwäsche-Labels, die ich bisher gefunden habe, produzieren nur Soft-BHs in Einheitsgrößen von XS-XL. Für mich als Frau mit C-Cup, die ein bisschen mehr Halt braucht, funktioniert das nicht. Da ich dummerweise leider auch noch 70C habe, bedienen mich selbst Öko-Labels nicht, die BHs nach Körbchengröße anbieten. Darum muss ich leider weiterhin Synthetik von den großen Labels tragen.