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Interview: Andrew Morgan

21. Januar 2016

Wie ihr inzwischen sicherlich wisst, sind wir große Fans von ‚The True Cost – der Preis der Mode‘. Auch deshalb war es uns eine große Ehre Andrew Morgan, den Regisseur, interviewen zu dürfen. Aber lest selbst:

glore: Kannst du uns mehr über dich erzählen und wie du dazu gekommen bist den Film zu machen?

Ich mache Filme seitdem ich ein kleiner Junge war. Vor ein paar Jahren habe ich angefangen Regie für verschiedene Filme zu führen. Als ich gerade dabei war meinen letzten Film fertig zu stellen, entdeckte ich ein Bild in der New York Times. Es war der Tag nach dem die Rana Plaza Fabrik in Bangladesh zusammenstürzte. Als ich den Artikel darüber las, wunderte ich mich, dass diese Industrie, die doch so machtvoll und profitabel ist, auf so eine Weise Geschäfte macht. Ich habe mich sehr klein gefühlt, als ich anfing zu realisieren, dass es mich nie interessiert hatte, wo meine Kleidung eigentlich herkam. Ich bin dann zurück in mein Büro gegangen, habe ich sofort angefangen zu recherchieren und den Film in die Wege zu leiten. Ich wollte verstehen, was in dieser Branche vor sich geht.

glore: Kannst du uns erklären was Fast Fashion ist?

Im Grunde genommenen beschleunigt Fast Fashion den Zyklus vom Laufsteg zum Laden. Die Modelle vom Laufsteg werden kopiert und schnell durch die Produktion geschleust, damit die Ware innerhalb von wenigen Tagen verkauft werden kann. Es ist ein Weg unsere Kleidung billiger und billiger zu machen und weniger Qualität in die Läden zu bringen. Jede Woche gibt es neue Styles. Dies macht Mode zu einem Wegwerfprodukt – das erste Mal in der Geschichte der Menschheit. Das ist das, was wir mit dem Film am meisten kritisieren möchten. Denn dies kostet unserem Planeten und vielen Menschen um einiges mehr, als auf dem Preisschild steht.

glore: Ein Zitat, das uns aus dem Film nicht mehr aus dem Kopf geht, ist „death grows with profit“. Was sind die Konsequenzen für die Menschen und die Umwelt in den Produktionsländern?glore_Blog_Andrew_Artikelbild2

Mit unserem Film wollen wir zeigen, dass wir die wahren Kosten der Textilproduktion nicht selber tragen. Es braucht eine große Menge Rohstoffe um Kleidung herzustellen, aber genau diese Rohstoffe drohen uns auf unserem Planeten auszugehen und gerade diese Kosten der Umweltzerstörung werden nicht zum Preis der Mode dazugezählt. Nirgendwo in unserer Wertschöpfungskette messen wir den eigentlichen Preis. Genau das gleiche gilt für die menschliche Arbeitskraft. Transport ist teurer geworden, Rohstoffe sind teurer geworden und doch ist Kleidung günstiger geworden, denn die Arbeitskraft ist billiger geworden. Die ärmsten Menschen der Welt werden von der Modeindustrie ausgebeutet. Dies ist eine erhebliche soziale Ungerechtigkeit, denn so viele Menschen auf der Welt verdienen keinen existenzsichernden Lohn. Im Film werden die Probleme dieser Menschen genau beleuchtet. Familien können beispielsweise nicht beieinander bleiben und Kinder werden von ihren Eltern getrennt. In unserem System messen wir nur Profit und vernachlässigen diejenigen, die die wahren Kosten tragen.

glore: Was können wir tun um das System zu ändern? Was sollte deiner Meinung nach passieren?

Im Ganzen gesehen müssen wir das System so verändern, dass nicht mehr Profit alleine im Fokus steht. Das jetzige System macht die Reichen reicher und hält die Armen arm. Bis zu dem Punkt an dem wir einen Schritt zurücktreten, nachdenken und dann ein neue Methode er finden um Gewinn und Kosten auf neue Weisen messen. Wir müssen an einen Punkt kommen, an dem wir den Kapitalismus überdenken und weiterentwickeln. Spätestens Umweltkrisen werden dies erzwingen. Denn dann wird es absolut notwendig sein etwas zu ändern, und dies wird auch die Möglichkeit sein, dass sich etwas im Bezug auf Menschenrechte ändert. Aber es gibt noch etwas an dieser Industrie, dass man dringend ändern muss. Firmen müssen Zugeständnisse machen. Viele Marken lassen in vielen hundert Fabriken ihre Kleidung produzieren. Dabei besitzen sie keine einzige davon, und stellen also, rein rechtlich gesehen, die Leute nicht an. Es gibt keine Langzeitverträge und viele der Arbeitnehmer haben nicht einmal einen Arbeitsvertrag. Das heißt auch, dass diese Firmen die Konsequenzen nicht ragen. Um die Arbeitsbedingungen zu verbessern, muss man die großen Firmen dieser Welt dazu zwingen Verantwortung zu übernehmen und Langzeitbeziehungen mit ihren Lieferanten einzugehen. Außerdem müssen wir, die Leute, die Kleidung kaufen, aufmerksamer sein. Beim Filmen oder bei den vielen Events, die wir veranstaltet haben, kamen viele Leute zu mir und sagten: „Ich habe noch nie darüber nachgedacht.“ Wenn Leute erst einmal anfangen zu verstehen und darüber nachzudenken, welche Firmen sie unterstützen, können wir einen Wandel erreichen. Ich glaube wirklich, dass die Welt immer aufmerksamer wird. Andererseits kann man sich  auch überfordert und sehr machtlos fühlen. Also möchte ich den Menschen einen Anhaltspunkt geben. Wir können zeigen, wie sie mit ihren alltäglichen Entscheidungen, wie der Kleidungswahl, die Achtung der Menschenrechte, die Rechte der Frauen und die Gleichheit fördern können.

 

Wir möchten uns ganz herzlich bei Andrew bedanken, dass er sich die Zeit genommen hat mit uns zu sprechen.

Fair Fashion gibt es natürlich bei uns zu kaufen. Außerdem erfahrt ihr hier mehr über den Film und wo er im Kino läuft.

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